Nachricht von ruhigen Momenten by Kluge Alexander-Richter Gerhard

Autor:Kluge, Alexander-Richter, Gerhard [Kluge, Alexander-Richter, Gerhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: suhrkamp
veröffentlicht: 2015-06-08T16:00:00+00:00

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An insgesamt elf Vormittagen des Jahres 1898 konzentrierte sich Karl May, ohne bis dahin je dorthin gereist zu sein, auf einen neuen Reiseroman, der im Land der Drusen spielen sollte. Das sind, notierte er, gewaltige Feudalherren, und sie sind in der Minderheit gegenüber den maronitischen Christen und den muslimischen Einwanderern aus Palästina und Syrien, die in den Tälern des Schuf-Gebirges vordringen und die in ihren Bergfestungen verschanzten Drusen bedrohen. Die Drusen aber herrschen, so hatte es Karl May gelesen oder mißverstanden, auch über unterirdische Reiche.

In diesen unterirdischen Reichen verfügen die Drusen über Betriebsstätten, in denen aus der Oberwelt entführte Metallschmiede für sie arbeiten müssen. Man erreicht diese Betriebsstätten über einen Höhleneingang, der zunächst in eine Tropfsteinhöhle führt. Hier besteigt Kara Ben Nemsi, so heißt er in Karl Mays Skizze, ein Boot und muß gefährliche unterirdische Wasserläufe und Seen durchfahren, immer tiefer in den Berg hinein. Dort befreit er die Zwangsarbeiter, aber auch eine Schar Kinder, die rohe Arbeit bei Fackellicht verrichten. Sein britischer Freund, der ihn nach abenteuerlichem Wiederauftauchen an der Erdoberfläche unter seine Fittiche nimmt und ihn zur Küste zurückführt, tadelt ihn wegen seines »unverantwortlichen Wagemutes«. Die Kinder werden in einem Kloster abgeliefert und von dort nach Zypern in Sicherheit gebracht.

Später hat Karl May die Skizze nicht weitergeführt. Ihn hat aber immer wieder bis zu seinem Besuch in Beirut im Juni 1899 das SCHUF-GEBIRGE gefesselt, und zwar als ein Wort, das er in seinen geographischen und lexikalischen Unterlagen gefunden hatte. Als er dann später endlich im Libanon war, wurde ihm zwar berichtet, daß es ein Gebirge dieses Namens als Kernland der Drusen wirklich gebe, daß aber keine dieser Eigenschaften, von denen er in seiner Skizze erzählt hatte, dort zu finden sei. Allerdings gebe es Schluchten und Zedern. Auch einen unterirdischen See fand Karl May aus Anlaß eines Ausflugs in ein Vorgebirge des Libanon vor. Man konnte sich dort auf einem unterirdischen Wasser in einem Kahn rudern lassen. Die Höhle lag aber nicht im Schuf-Gebirge.

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